Vor der Bundestagswahl stellen wir unseren agrarpolitischen Sprechern des Bundestages Fragen, welche Lösungsansätze sie für eine Schweinehaltung in Deutschland haben und in welchen konkreten Schritten sie diese erfolgreich umsetzen wollen.

Basis für unsere Fragen ist die Aussage von Herrn Borchert, das vor dem Hintergrund des Magdeburger Urteils, nicht die Tierhalter Ihre Tiere falsch gehalten haben, sondern die Ziele des Tierschutzgesetzes nicht ausreichend in Verordnungen und Ausführungshinweise
umgesetzt wurden.

Auf dieser Seite stellen wir Ihnen nun die Antworten der agrarpolitischen Sprecher zur Verfügung. Die Auflistung der Antworten erfolgt entsprechend dem Eingang bei uns.

YouTube Mitschnitt der  Veranstaltung vom 27.05.2021

Wie z.B. in der fachlichen Stellungnahme der BFL und dem ersten Positionspapier der ISD nachgelesen werden kann, haben Schweinehalter schon immer aus der Praxis heraus, auch mit Unterstützung der Wissenschaft, Lösungen erarbeitet, mit deren Hilfe es den Tieren immer besser ging. Wie kann es gelingen, das diese Erfahrungen aus der Praxis, in die zukünftigen Entwicklungen von Verordnungen und Ausführungshinweisen umfangreich Eingang finden?
Welche Lösungsansätze haben Sie dazu?
Welche Schritte wollen Sie in welchen Zeiträumen machen,
um Ihre Lösungsansätze erfolgreich umzusetzen?

Wenn gesellschaftlich höhere Tierhaltungs-Standards gewünscht sind, dann muss ein dementsprechender „Umbau“ der Nutztierhaltung zwingend ganzheitlich und auf Basis der Erkenntnisse aus Wissenschaft und Praxis erfolgen. Die bisherigen Einzelaktivitäten der Politik im Bereich der Nutztierhaltung waren leider nicht geeignet, das Vertrauen der
Bevölkerung in die Haltungsbedingungen zu stärken und berücksichtigen meist nicht die Vorschläge und Erfahrungen aus der Praxis.
Die AfD-Bundestagsfraktion hatte deshalb bereits im Juni 2020 gefordert, dass gemeinsam mit allen beteiligten Akteuren aus Wissenschaft und Praxis ein ganzheitlich durchdachtes und zukunftsfähiges Gesamtkonzept für die Nutztierhaltung in Deutschland entwickelt und abgestimmt wird. Dieses sollte wirtschaftlich tragfähig sein und den Tierhaltern für mindestens 20 Jahre Planungssicherheit garantieren. Alle Ställe, die vor gesetzlichen Änderungen gebaut wurden, müssen aber unbedingt rechtssicheren Bestandsschutz haben.
Wichtig ist auch, dass es EU-weit – besser europaweit – einheitliche oder zumindest vergleichbare Nutztierhaltungs-Standards gibt. Fleischimporte aus Drittstaaten sollten ebenfalls gewisse Mindeststandards erfüllen müssen, um heimische Tierhalter vor Dumpingimporten zu schützen. Flankierend wäre eine einfache und transparente Herkunftskennzeichnung, auch für verarbeitete Produkte, wichtig. Andernfalls verlagern wir mittel- bis langfristig die heimische Tierhaltung in Länder, in denen es deutlich niedrigere Standards gibt.
Die Nutztierhaltung in Deutschland benötigt Rahmenbedingungen, die es ermöglichen, dass Tierhalter nicht von Subventionen abhängig sind, sondern faire und auskömmliche Preise erzielen können.

Unseren Antrag für eine zukunftsfähige Nutztierhaltung wurde bereits erwähnt. Im Januar 2020 hatten wir gefordert, dass das Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und den Mercosur-Staaten zum Schutz der heimischen Landwirtschaft nicht ratifiziert werden soll, solange es Zollkontingente beziehungsweise
Freihandelsquoten Agrargüter beinhaltet. Weiter haben wir im März dieses Jahres unter anderem gefordert, dass neue ordnungsrechtliche Auflagen und Verbote zu Lasten der Landwirtschaft grundsätzlich
vermieden werden sollen. Falls das nicht möglich ist, sollen diese nur dann beschlossen werden, wenn die jeweiligen Maßnahmen vorab wissenschaftlich-fundiert begründet, auf Iihre Praxistauglichkeit überprüft sowie umfangreiche Folgenabschätzungen zu ihren Auswirkungen auf die deutsche Landwirtschaft durchgeführt wurden. EU-Richtlinien, die
die deutsche Landwirtschaft betreffen, sollen künftig nur noch 1:1 in nationales Recht umgesetzt werden, um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Landwirtschaft im EU Vergleich nicht zu schwächen. Agrarimporte aus Drittstaaten in die EU sollen nur dann zugelassen werden, wenn sie vergleichbare Produktionsstandards erfüllen oder Minimum als solche gekennzeichnet werden. Außerdem soll den Bundesbürgern eine bewusste Kaufentscheidungen ermöglicht werden, indem eine transparente Herkunftskennzeichnung in Klarschrift für alle Lebensmittel eingeführt wird. Wir werden auch in der kommenden Legislaturperiode diesen grundvernünftigen Ansatz weiterverfolgen und weiter für demokratische Mehrheiten dafür werben.

 Als LINKE sind wir grundsätzlich der Überzeugung, dass notwendige Veränderungen am ehesten erreicht werden, wenn im Dialog die besten Lösungen entwickelt werden. Das setzt aber voraus, dass alle auf Augenhöhe und mit Respekt sowie ergebnisorientiert agieren. Politik ist gut beraten, Hinweise aus der Praxis zu berücksichtigen. Dafür bedarf
es beidseitige Offenheit. Aber das betriebswirtschaftliche Risiko der Suche nach und der Entscheidung für neue Lösungen darf nicht allein bei den Tierhaltenden liegen, denn das öffentliche Gut Tierschutz muss die Verantwortung der gesamten Lieferkette sein. In den vergangenen Jahren gab es immer wieder Blockaden durch übermächtige Lebensmittelkonzerne gegen den Vollzug gesetzlicher Vorgaben, z. B. bei der Ferkelkastration. Hier muss sich die Politik konsequent schützend vor die Vernünftigen stellen. Deutlich wurde aber auch immer wieder, dass Fördergelder nicht dort ankamen, wo sie dringend gebraucht werden. Unabhängige Beratung fehlt und beim engen Austausch zwischen Praxis, Politik und Wissenschaft gibt es viel Luft nach oben. Die Arbeit
von Interessenverbänden jenseits des DBV findet aus Sicht der LINKEN auch nicht immer in ausreichendem Maße Anerkennung. Es fehlt ausreichend Praxisforschung, Projektvorhaben und Modellversuche mit wissenschaftlicher Begleitung, damit Praxiserfahrung zusammengefasst als Empfehlungen für politisches Handeln schnell anwendbar werden. Diese Austausche müssen intensiviert werden, aber die Struktur ist
aus unserer Sicht gut geeignet. Anhörungen oder Gespräche vor Ort können gute Einblicke für die Abgeordneten geben – sie müssen sie aber auch nutzen.

 Stand 20.05.2021, 24:00 Uhr liegt uns keine Antwort vor.

Landwirte in Deutschland brauchen endlich Investitionssicherheit für die Zukunft ihrer
Betriebe. In den vergangenen Jahren haben politische Entscheidungen ihre
Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig beeinträchtigt. Opportunismus statt
Wissenschaftlichkeit ist bei vielen dieser politischen Entscheidungen an der
Tagesordnung. Auf dieser Grundlage hat die Landwirtschaft in Deutschland keine
Perspektive. Vermeintliche Konzepte zur Beteiligung der landwirtschaftlichen Praxis an
politischen Entscheidungen waren bisher nichts weiter als reine Showveranstaltungen.
Wenn Düngeverordnung und Insektenschutzpaket verabschiedet werden, bevor
entsprechende Dialogformate mit der Landwirtschaft Ergebnisse geliefert haben, werden diese als reines politisches Ablenkungsmanöver enttarnt. Statt auf solche Weise vom eigenen Regierungsversagen abzulenken, braucht es die ehrliche Bereitschaft, das Wissen der landwirtschaftlichen Praktiker in Regierungshandeln umzusetzen. Denn sie sind es, die täglich auf dem Feld und im Stall unterwegs sind. Unsere Landwirte produzieren zu höchsten Umwelt- als auch Tierwohlstandards und sorgen dafür, dass uns Verbrauchern eine riesige Auswahl an Nahrungsmitteln auf Wochen- oder in Supermärkten, aber auch im Direktvertrieb zur Verfügung steht. In meinen Gesprächen treffe ich fast ausnahmslos auf Bauern, die stolz auf ihre Arbeit sind, ihre Betriebe an die kommende Generation weitergeben wollen und deshalb aus eigenem Antrieb ihre natürlichen Ressourcen mit größter Sorgfalt behandeln. Ich möchte dafür sorgen, dass Landwirte dies weiterhin tun können.

 Stand 20.05.2021, 24:00 Uhr liegt uns keine Antwort vor.

In den Empfehlungen des Kompetenznetzwerkes Nutztierhaltung (Borchert Kommission) wurden insgesamt 3 Stufen zum Umbau der Tierhaltung erarbeitet.
Die Stufen 2 und 3 können in der Tat als „Umbau“ hin zu einer der Natur näheren Tierhaltung eingeschätzt werden.
Stufe 1 kann auch als eine konsequente Fortsetzung dessen gesehen werden, was Schweinehalter schon all die Jahre besser gemacht haben. Eine Grundlage für weitere Verbesserungen, zu denen sich die Praxis dann verpflichtet, könnte das erste ISDPositionspapier sein, und so eine sinnvolle Schweinehaltung möglich sein.
Welche Lösungsansätze haben Sie dazu?
Welche Schritte wollen Sie in welchen Zeiträumen machen,
um Ihre Lösungsansätze erfolgreich umzusetzen?

Den Stufenplan der Borchert-Kommission zum „Umbau“ der Nutztierhaltung sehen wir kritisch. Der Bundesrechnungshof hat sich in einem Bericht kürzlich gegen die Einführung eines staatlichen Tierwohlkennzeichens ausgesprochen, welches ja die Grundlage der Empfehlungen der Borchert-Kommission wäre. Diese Einschätzung teilen wir. Auch eine dafür notwendige Fleischsteuer lehnen wir ab. Faire Erzeugerpreise müssen sich am Markt erzielen lassen. Zu den dazu notwenigen Rahmenbedingungen haben wir bereits umfangreiche Vorschläge vorgelegt.
Wolle man die Haltungsbedingungen in der Nutztierhaltung verbessern, so der
Bundesrechnungshof, müsse man die gesetzlichen Mindestanforderungen zum Tierschutz verschärfen. Das lehnen wir jedoch ab. Wir sind der Auffassung, dass die
Mindestanforderungen für die Nutztierhaltung in Deutschland grundsätzlich bereits sehr
hoch sind und nicht weiter verschärft werden müssen.
Das ISD-Positionspapier begrüßen wir grundsätzlich. Die Vorschläge sollten Eingang in
ein zu erstellendes ganzheitlich durchdachtes und zukunftsfähiges Gesamtkonzept für die Nutztierhaltung in Deutschland finden.

Wir werden auch in der kommenden Legislaturperiode unseren grundvernünftigen
Ansatz für eine ganzheitlich durchdachte und zukunftsfähige Nutztierhaltung
weiterverfolgen und weiter bei allen Akteuren für demokratische Mehrheiten dafür
werben.

 DIE LINKE kennt und begrüßt das Engagement vieler Schweinehaltenden, sich aktiv für
mehr Tierwohl einzusetzen. Ordnungsrecht muss dort regeln, wo die Vernünftigen vor
den anderen geschützt werden müssen, der Umbau soll mit einem Anreizsystem
unterstützt werden, wobei die gesamte Lieferkette finanzielle Verantwortung dafür
übernehmen muss. Dabei geht es sowohl um Investitionskosten, als auch um die
Refinanzierung ggf. höherer laufender Kosten. Es kommt darauf an, den tierhaltenden
Betrieben Zukunftsentscheidungen auf einer verantwortungsvollen Grundlage zu
ermöglichen, die sowohl mehr Tierwohl als auch ihre eigene Existenz, die ihrer
Beschäftigten und der Familien mindestens mittelfristig sichern. Bereits heute mühen sich viele Tierhaltungen um mehr Tierwohl, kommen aber angesichts des gnadenlosen
Unterbietungswettbewerb befeuert durch Lebensmitteleinzelhandel, Schlacht- und
Molkereikonzernen an die Grenzen der Selbstausbeutung. Das Geld muss dort
ankommen, wo es gebraucht wird! Die Preiskrisen der vergangenen Jahren bei Milch oder Schweinefleisch, aber auch die Krisenfestigkeit der Lebensmittelversorgung ist durch 
kleinere Kreisläufe stabiler und reduziert die Zahl der Tierhaltungsbetriebe auf ein klimagerechteres Maß. Auch dafür wird es verlässliche staatliche Rahmenbedingungen einschließlich Förderung benötigen.

 Stand 20.05.2021, 24:00 Uhr liegt uns keine Antwort vor.

 Am wichtigsten ist es, zunächst einmal dafür zu sorgen, dass Landwirte überhaupt noch in die Tierhaltung investieren wollen. Damit Investitionsentscheidungen für mehr Tierwohl planbar sind, brauchen Landwirte verlässliche Rahmenbedingungen, die sich nicht bereits nach einer Legislaturperiode wieder ändern. Modernisierungsschritte in der Tierhaltung dürfen kleine und mittlere Betriebe nicht ausschließen. Zudem sind dringend berechenbare Bestandsgarantien für neu errichtete Ställe und Umbaumaßnahmen notwendig, die Abschreibungszeiträume für getätigte Investitionen nicht unterschreiten. Widersprüche zwischen konkurrierenden Rechtsbereichen, etwa zwischen Tierwohl und Immissionsschutz, müssen aufgelöst werden. Ins Baurecht sollte die Priviligierung auch für gewerbliche Tierhaltungsanlagen an einem Standort aufgenommen werden, wenn durch die Änderung, Errichtung oder Erweiterung der baulichen Anlagen zur Tierhaltung die bereits gehaltene Anzahl der Tiere am Standort nur unwesentlich verändert wird. Denn für das Tierwohl ist es unerheblich, ob die Tierhaltung gewerblich oder landwirtschaftlich betrieben wird. Zudem sollte etwa die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung vollständig entfallen, wenn durch ein Bauvorhaben zur Verbesserung des Tierwohls, welches gesetzliche Tierhaltungsstandards übererfüllt, die an einem Standort in einem räumlich funktionalen Zusammenhang stehende Anzahl der gehaltenen Tiere nur unwesentlich verändert wird.
Statt weiterer nationaler Alleingänge brauchen wir eine europaweite Initiative zugunsten
vergleichbarer Standards. Denn in einem Binnenmarkt konkurrieren Erzeugnisse aus
verschiedenen Ländern miteinander. Wettbewerb kann aber nur fair sein, wenn zumindest einheitliche Mindeststandards eingehalten werden. Die Angleichung von Standards in der EU ist von zentraler Bedeutung, um Produktions- und Verarbeitungsstrukturen für Lebensmittel in Deutschland halten zu können. Denn immer weitere nationale Alleingänge zur Verschärfung der Auflagen etwa in der Tierhaltung führen dazu, dass diese Strukturen ins europäische Ausland abwandern. Dann haben wir gar keinen Einfluss mehr auf die Produktionsbedingungen der Lebensmittel, die in Deutschland bisher hochwertig und unter besten Bedingungen hergestellt werden. Die Chance, mit einer deutschen Präsidentin der Europäischen Kommission eine Initiative für einheitliche EU Standards und damit ähnliche Kostenstrukturen zu starten, war seit Jahren nie besser. Ein solches Vorhaben unterstützen wir als FDP-Fraktion. Einen entsprechenden Antrag haben wir schon in den Bundestag eingebracht. Damit auch die Verbraucherinnen und Verbraucher beim Kauf tierischer Erzeugnisse Verantwortung übernehmen können, müssen Haltungsbedingungen klar erkennbar sein. Um dies zu gewährleisten, setzen wir uns für ein einfaches, transparentes und verpflichtendes Tierwohllabel in der gesamten 
Europäischen Union ein. Ob sich mehr Tierwohl in der Tierhaltung durchsetzt, wird letztendlich an der Ladenkasse entschieden. Denn Verbraucher steuern mit ihren Kaufentscheidungen, wie produziert wird. Deshalb müssen höhere Tierwohlstandards letztlich über den Markt finanziert werden. Es ist auch nicht die Aufgabe des Staates, die gesamte deutsche Tierhaltung auf einen übergesetzlichen Standard zu heben, wenn es dafür schlicht keine Nachfrage in der Bevölkerung gibt. Nicht der Markt, sondern die Politik ist durch immer neue Auflagen, für die niemand bezahlen will, sowie Gesetze und Verordnungen ohne Praxisbezug für geringere Einkommen der landwirtschaftlichen Betriebe verantwortlich. Die Zukunftsaussichten der Landwirte hat sie so in den vergangenen Jahren deutlich verschlechtert. Das Einkommen der Landwirte wird unterdessen durch ein nationales Tierwohllabel und eine wie auch immer geartete Tierwohlabgabe nicht um einen Euro höher ausfallen. Statt weiterer Studien und Pressekonferenzen brauchen wir mehr praxisorientierte Lösungen. Mit einer EU-weiten Angleichung der Tierhaltungsstandards, einem verbindlichen EU-Tierwohllabel, einem vereinfachten Stallumbau und der Schaffung von Investitionssicherheit liegen die Konzepte der FDP-Fraktion auf dem Tisch. 

 “Ein nachhaltiger und umfassender Umbau der Nutztierhaltung in Deutschland ist
dringend notwendig. Agrarpolitik, Land- und Ernährungswirtschaft dürfen nicht länger
die Herausforderungen vor sich herschieben und müssen zusammen mit Wissenschaft
und Gesellschaft Lösungen finden und neue Wege einschlagen. Dabei müssen sowohl
soziale Kriterien als auch Aspekte des Umwelt-, Natur- und Klimaschutzes sowie des
Tierwohls angemessen berücksichtigt und in Einklang gebracht werden. Gerade in
unsicheren Zeiten von internationalen Handelsstreitigkeiten, Klimawandel, Tierseuchen
und allen voran der Corona-Krise brauchen Land- und Ernährungswirtschaft
Planungssicherheit und Verlässlichkeit. Die wirtschaftliche Bedeutung und der
ökologische Fußabdruck des Sektors Nutztierhaltung sind zu groß, als dass sie dem freien Spiel der Kräfte überlassen werden können. Die gesellschaftliche Bewertung der
Tierhaltung hat sich verändert. Tiere werden nicht mehr als Ware betrachtet. Es ist gut,
dass Tierschutz Staatsziel ist. Das Tierwohl muss im Mittelpunkt der Betrachtung stehen, wenn es um die Fortentwicklung des Sektors geht. Längst ist es Allgemeinwissen, dass zum Preis an der Fleischtheke die externen Kosten für z.B. Wasseraufbereitung und der 
Verlust von Arten dazugerechnet werden muss. Schnell wird klar: Billigfleisch kann für die Gesellschaft teuer werden. Deshalb brauchen wir eine neue Vision von der Zukunft der Nutztierhaltung, die sich am Tierwohl orientiert und nach dem Prinzip der Nachhaltigkeit sowohl gesellschaftliche als auch wirtschaftliche und ökologische Aspekte berücksichtigt.

Wir wollen in Deutschland ein verpflichtendes staatliches Tierwohlkennzeichen für alle
Nutztierarten einführen. Dabei sollen auch die Bedingungen der Elterntierhaltung und
Jungtieraufzucht, sowie Transport und Schlachtung, bis hin zur Lebensmittelerzeugung
gelabelt werden. Die Kennzeichnung geht über den gesetzlichen Standard hinaus und
reicht in der höchsten Stufe bis zur bestmöglichen Haltungsform. Diese höchste Stufe
muss, analog zu Neuland und EU-Bio, deutlich über dem gesetzlichen Standard liegen.
Um zu gewährleisten, dass die besseren Haltungsfaktoren auch wirklich zu mehr Tierwohl führen, müssen alle Befunde am Tier erfasst werden, z.B. über Tiergesundheitsindikatoren, und in die Einstufung des jeweiligen Betriebes mit einfließen. Mit dem Tierwohlkennzeichen schaffen wir mehr Transparenz und geben
Verbraucherinnen und Verbrauchern ein Instrument an die Hand, ihre Überzeugungen im Einkauf auch umsetzen zu können. Landwirtinnen und Landwirte erhalten die Möglichkeit, ihren Mehraufwand vergütet zu bekommen. Zusätzlich bedarf es der finanziellen Unterstützung der Landwirtinnen und Landwirte beim Umbau und beim intensiveren Aufwand in der Tierhaltung. 

Die Borchert-Kommission hat Anfang 2020 mit ihrem Papier sehr gut den Zustand der
Landwirtschaft beschrieben und ausgeführt, was passieren wird, wenn es keine
Veränderungen in diesem Sektor gibt. Gleichzeitig wurden Empfehlungen gemacht, um
den gesellschaftlich geforderten Transformationsprozess zum Umbau der
landwirtschaftlichen Nutztierhaltung in Deutschland aktiv zu gestalten, statt nur auf
Gerichtsurteile zu reagieren. Das Parlament hatte die Bundesregierung deshalb dazu
aufgerufen, die Weiterarbeit der eingesetzten Arbeitsgruppen zu unterstützen. Die
zahlreichen beteiligten Institutionen sollen im Konsens zu Empfehlungen kommen, die
die Politik in gesetzliche Regelungen fassen kann. Wenn diese Ergebnisse vorliegen,
müssen sie natürlich noch entsprechend bewertet werden. Leider wird das in dieser
Legislaturperiode nicht mehr der Fall sein, da das BMEL den Gesetzentwurf zum
Tierwohlkennzeichen nicht noch mal angepasst hat (lediglich freiwilliges Label) und auch die Borchert-Kommission nicht ausreichende bei seiner Arbeit unterstützt wurde, um zeitnah Empfehlungen für alle Nutztierarten auszuarbeiten. Bis zur neuen
Legislaturperiode werden die Arbeitsgruppen der Kommission weiterarbeiten, so dass ich mir wünsche, dass wir nach der Wahl sofort einen neuen Anlauf mit dem Gesetz und der dazugehörigen Verordnung nehmen können.

 Stand 20.05.2021, 24:00 Uhr liegt uns keine Antwort vor.